Meine Bilder des Jahres 2022 sind komplett in Thailand entstanden. Einmal mehr zeigen sie besondere Momente aus dem Themenkreis von Kultur bis Natur. Während einige Aufnahmen durchaus etwas vom Zeitgeist einfangen, sind andere Fotos eher zeitlos – Rubrik “typisch Thailand”.
Es ist das zweite Jahr in Folge, das ich durchgängig im “Land of Smiles” verbringe und wir springen gleich zum Schluss. Zum Jahreswechsel, den ich im Norden erlebe – in Pai, früher vor allem als Hippie-Oase bekannt. Am Silvestertag läuft mir dort das kleine Mädchen mit seinem vierbeinigen Gefährten über den Weg. Eines der letzten Bilder des Jahres ist das erste dieses Essays.
Chronologie ist also wieder einmal nicht angesagt, aber die ist auch nicht gefragt, auch diesmal soll es sich schließlich nicht um einen banalen Jahresrückblick im eigentlichen Sinne handeln.
Inhalte
Tokeh, Tier des Jahres
Ein wahrer Schreihals ist der Tokeh, unüberhörbar sind die Rufe des nachtaktiven Geckos. Gesehen hatte ich das Tier zuvor noch nie, um so größer die Überraschung über die Begegnung mit dem auffällig gefärbten Zeitgenossen.
Fundort ist Ko Phayam, eine Insel in der Nähe von Ranong im Süden Thailands, versteckt hat sich die Echse hinter einem Fensterladen, den ich zufällig inspiziere. Wer weiß, ob ich ein solches Exemplar jemals wieder vor die Linse bekomme – der Tokeh hat sie sich daher redlich verdient: die Kür zu meinem Tier des Jahres!
Masketragen, ein thailändisches Phänomen
Im Juni 2022 entfällt die Pflicht zum Tragen, viele Menschen in Thailand hindert das jedoch nicht daran, weiterhin Masken zu tragen. Grundsätzlich eine sinnvolle Maßnahme, insbesondere an überfüllten Orten, schließlich ist die Pandemie zwar vorbei, das Virus jedoch beileibe nicht verschwunden. Auch im Smog von Bangkok freuen sich die Atemwege über Schutz, gleiches gilt im Norden des Landes, wo während der sogenannten Burning Season die Farmer ihre Felder abbrennen und so für eine katastrophale Luftqualität sorgen.
Tatsächlich ist die Maske in Thailand jedoch allerorts zu einem beliebten Alltags-Accessoire geworden, wobei der Hintergrund für das Tragen in vielen Fällen eher in sozial-kulturellen Motiven zu suchen ist, als dass es mit Sinn oder Logik zu erklären wäre. Auch im Straßenverkehr hat sich das Utensil etabliert, bemerkenswert: Auf dem Moped ist die Maske für viele Menschen wichtiger als ein Helm – beispielhaft zu sehen im Regen von Krabi, Hauptstadt der Provinz gleichen Namens.
Regenbilder des Jahres
Regen ist das Stichwort, keine Bilder des Jahres aus Thailand ohne Einbeziehung der niederschlagsreichsten Zeit. So wie bereits im Vorjahr, als ähnliche Fotos in Phuket entstanden sind (Lesetipp: Bilder des Jahres 2021), das ich für mehrere Monate als Corona-Exil gewählt hatte.
Im Januar ist die Regenzeit noch weit weg, trotzdem kündigen dunkle Wolken in Bangkok das Nahen eines kräftigen Schauers an. Schnell Schirm und Kamera geschnappt, um die Gelegenheit zu nutzen und in der Nachbarschaft im Bezirk Bang Rak ein paar feucht-fotogene Momente einzufangen.
Als keine gute Idee erweist sich später, während der “echten” Regenzeit, der Besuch von Surat Thani im Süden Thailands. Jeden Tag gießt es dort kräftig, es bleibt nur ein Ausweg: die Flucht auf die andere Seite – zur Andamensee, wo später unter anderem die Aufnahme vom Tier des Jahres, dem Tokeh, entsteht.
Szenen aus Thailands Straßen
Vom Regen in Bangkok und anderswo zu weiteren Beispielen aus dem Genre Straßenfotografie. Thailand ist ein Mekka für Fotografen, die sich dieser Art der Knipserei verschrieben haben, besonders reizvoll ist die Hauptstadt Bangkok – für Momentaufnahmen im öffentlichen Raum, für das Ablichten von Alltagsszenen.
Ein immer wieder faszinierender Blickfang ist das unglaubliche Kabelgewirr in Thailands Straßen inklusive der Männer, die sich von Berufs wegen darin zurechtfinden müssen. Geht es um “typisch Thai”, werden meist die üblichen Klischees wie Strand, Street Food oder Tempel genannt und auch das Lächeln der Menschen ist oft dabei. Für mich jedoch hat auch der beispiellose Kabelsalat seinen festen Platz bei der Auflistung typisch thailändischer Eigenheiten.
Ein gutes Foto erzählt seine Geschichte, ohne dass es zusätzlicher Erläuterungen bedarf. Es gibt jedoch Ausnahmen, nicht immer ist alles selbsterklärend. Wer möchte zum Beispiel behaupten, sich mit K‑Pop, koreanischer Popmusik, auszukennen? Die thailändische Sängerin Lalisa Manobal ist ein Superstar dieser Gattung. Als Mitglied der südkoreanischen Band Blackpink ist Lisa, so ihr Künstlername, ein Idol für viele junge Leute. Das zu wissen, ist wiederum Voraussetzung, um “Rendezvous mit Lisa” zu verstehen – zu beobachten war das “Stelldichein” auf Bangkoks Khlong Toei Market.
Zehntausende Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter verloren während der Errichtung ihr Leben, die Bezeichnung “Death Railway” (eigentlich Thailand-Burma-Eisenbahn) kommt nicht von ungefähr. Bekannt wurde das japanische Bauprojekt aus dem Zweiten Weltkrieg durch den Roman des Franzosen Pierre Boulle und vor allem die spätere Verfilmung – mit sieben Oscars wurde “Die Brücke am Kwai” ausgezeichnet. In Kanchanaburi, im Westen Thailands, findet sich das berühmte Bauwerk, inzwischen eine beliebte Sehenswürdigkeit. Abseits des Spektakels um die Eisenbahnbrücke, wo die Touristen für Erinnerungsfotos posieren, wirken die Bahnanlagen teilweise so, als hätte sich in all den Jahrzehnten nichts verändert – seit 1943, als die Todeseisenbahn in Betrieb genommen wurde.
Weit weg: Krieg in Europa
Der Krieg in Europa ist weit weg, im März auf einmal jedoch ganz nah während einer Kundgebung in Bangkoks Lumphini Park. “Save Ukraine” oder “Stop Killing”, die Parolen in der wohl bekanntesten Grünanlage der Hauptstadt sind unmissverständlich. Auf politischer Ebene hält man sich in Thailand auffallend bedeckt, geht es darum, sich zu den russischen Gräueltaten zu positionieren und auch in den Medien ist meist nur von einem “Konflikt” zwischen den beteiligten Ländern die Rede. Ein Jahr später, die Regierung hat inzwischen gewechselt, wird der neue Ministerpräsident gar den russischen Präsidenten für 2024 nach Südostasien einladen. Hat Thailand es tatsächlich nötig, sich bei einem Kriegsverbrecher anzubiedern?
Kulturelle Highlights 2022
Der erste Schritt, um Mönch zu werden in Thailand: Haare ab! Weitere Rituale in Form feierlicher Zeremonien und Gebete folgen, bis hin zur Einkleidung in die typischen orangefarbenen Gewänder. Jeder Buddhist in Thailand sollte einmal in seinem Leben eine bestimmte Zeit als Mönch in einem Tempel verbracht haben, und sei es nur für eine kurze Dauer. Für einen Monat zum Beispiel, wie die drei jungen Männer, deren Start in diese Erfahrung ich Ende Januar begleiten darf. Ort der Feierlichkeiten ist ein Tempel in der Nachbarschaft in Bangkok: Wat Sutthi Wararam.
Hatte Covid im Vorjahr meinem Trip durch den Isan, den Nordosten Thailands, noch ein vorzeitiges Ende beschert, folgt 2022 nun die Fortsetzung. Eines der Highlights ist der Besuch von Phi Ta Khon, dem “Geisterfestival” in Dan Sai, Provinz Loei. Zum dritten Mal in Folge erlebe ich später in Phuket das Vegetarische Festival, bei dem es bei weitem nicht allein um Ernährungsthemen geht. Im Mittelpunkt stehen bizarre Piercings, die von den Ma Song, den Geistermedien, im Rahmen von Straßenparaden präsentiert werden. Nichts für schwache Nerven, für Phuket-Besucher jedoch Gelegenheit für das Schießen von Urlaubsfotos der ganz besonderen Art.
Zu kurz gekommen: Birdwatching
Nur wenig Gelegenheit gibt es in diesem Jahr für das Thema Vogelbeobachtung, bei den entstandenen Aufnahmen handelt es sich eher um zufällige Sichtungen, zwei davon halten Einzug in die Bilder des Jahres 2022. Ein ziemlich scheuer Geselle ist der Heckenkuckuck, erst zum zweiten Mal erwische ich ihn mit der Kamera, dieses Foto entsteht in Chiang Khan, am Ufer des Mekong.
Zunächst höre ich lediglich ein zartes Piepen, es muss sich um einen ziemlich kleinen oder noch sehr jungen Vogel handeln. Von meinem Balkon in Bangkok entdecke ich das blauschwarze Tierchen mit seiner teilweise kräftig-roten Färbung schließlich direkt unter mir. Eigentlich ist der Scharlachmistelfresser in tropischen Wäldern beheimatet, wo er sich von Früchten und Insekten ernährt. Was den kleinen Vogel mitten nach Bangkok führt, bleibt ein Geheimnis, eins ist jedenfalls festzuhalten: Wenn ich mich nicht selbst auf die Suche nach Vögeln begebe, kommen die Piepmätze halt zu mir.
Der Mann mit der Mütze – das Motiv vermittelt eine Illusion von Weihnachtszeit. Um die geht es jedoch eher beim dazu passenden Lesetipp Weihnachten in der Stadt der Engel, tatsächlich findet die Begegnung Ende Januar in Bangkok statt. Mit dem verschmitzt lächelnden “Weihnachtsmann” endet die Zusammenstellung der Bilder des Jahres 2022, abschließend folgen noch ein paar Anmerkungen, die für Klarheit sorgen, was das späte Zustandekommen dieses Werkes betrifft.
Bilder des Jahres 2022: Schlusswort
Anfang 2023 bin ich unterwegs, bereise den Norden Thailands. Zwar erschwerte Bedingungen, jedoch kein grundsätzliches Hindernis, um für eine zeitgerechte Veröffentlichung der Bilder des Vorjahres zu sorgen. Hinzu kommen jedoch technische Probleme beim Zugriff aufs Archiv, irgendwann ist das Thema dann auf Eis gelegt. Mehr als ein Jahr verstreicht und nun wird die Lücke endlich geschlossen. Bevor es an die Fortsetzung geht – mit neuen Fotos, diesmal aus mehreren Ländern, von vier verschiedenen Kontinenten, einer der Schwerpunkte wird Kuba sein (ein Vorgeschmack: Kuba aktuell: Reise-Infos, Klischees und Wirklichkeit). Die Bilder des Jahres 2023 folgen ebenfalls in Kürze!
Mach weiter so! Ich verfolge deine Reisen immer gern wenn ich gerade Mal in X unterwegs bin und der allmächtige Algorithmus deine Beiträge zeigt. MyLastDays
OK, danke fürs Feedback! 😉👍