Holguín, Parque Calixto Garcia.
Kuba

Holguín, unterschätzte kubanische Provinzhauptstadt

Viele Tou­ris­ten lan­den auf dem Flug­ha­fen von Hol­guín, um ihren Urlaub am Strand von Guard­ala­va­ca zu ver­brin­gen. Dass auch die Pro­vinz­haupt­stadt selbst ein loh­nen­des Ziel ist, wird dabei oft über­se­hen. Ein Rei­se­be­richt mit Geschich­ten und Tipps, nicht nur für Restau­rants und Night­li­fe. Aus Hol­guín, dem Ver­kehrs­kno­ten­punkt im Osten Kubas, einer Stadt, in die ich immer wie­der gern zurückkehre. 

Die meis­ten Urlau­ber wer­den vom Aeropuer­to Inter­na­cio­nal Frank País, dem Flug­ha­fen von Hol­guín, auf direk­tem Weg in die Resorts von Guard­ala­va­ca gebracht, wo sorg­lo­ses Strand­le­ben mit erfri­schen­den Moji­tos und Beach­vol­ley­ball sowie üppig gedeck­te Buf­fet­ti­sche war­ten. Für ande­re wie­der­um ist Hol­guín der Aus­gangs­punkt zu einer Rei­se durch den Ori­en­te, den kuba­ni­schen Osten, für eini­ge davon geht es auch wei­ter bis zur Haupt­stadt Havan­na. Ich konn­te sämt­li­che Mög­lich­kei­ten aus­pro­bie­ren und mei­ne Tipps für Hol­guín, inklu­si­ve kon­kre­ter Infos für An- und Wei­ter­rei­se, fol­gen am Ende des Artikels.

Holguín. Ein typisches Bild auf kubanischen Straßen: farbenfroher Oldtimer und Kabelsalat.
In den Stra­ßen von Holguín

Längst sind die Män­ner im Par­que de las Flo­res zum ver­trau­ten Bild für mich gewor­den. Ihr kon­zen­trier­ter Blick gilt den Schach­fi­gu­ren, mit denen sie beschäf­tigt sind, wäh­rend ande­re sich zwei Stra­ßen wei­ter dem Domi­no­spiel wid­men. Dort stei­ge ich eine schma­le Stie­ge hin­auf und mei­ne Gast­ge­be­rin begrüßt mich mit Wan­gen­küss­chen. So, wie jedes Mal, wenn ich zurück nach Hol­guín kom­me. Vom Zim­mer der Casa Par­ti­cu­lar aus glei­tet mein Blick spä­ter wie­der über die Dächer der Stadt, bis hoch zur Loma de la Cruz, dem Aus­sichts­punkt hoch über Hol­guín. Und dann ist es so, als wäre ich über­haupt nicht weg gewesen.

Holguín. Schach spielende Männer und WiFi-Nutzung im Parque de las Flores
Schach­spiel im Par­que de las Flo­res, der auch WiFi-Hot­spot ist

Holguín, Stadt der Parks

Hol­guín, die Haupt­stadt der gleich­na­mi­gen Pro­vinz, ist die viert­größ­te Stadt Kubas und wird auch Ciu­dad de los Par­ques genannt. Etli­che zen­tra­le Plät­ze und Parks bestim­men näm­lich das Stadt­bild und einer davon ist der Par­que de las Flo­res, der offi­zi­ell eigent­lich Par­que Peral­ta heißt. Das auf­fäl­ligs­te Gebäu­de dort: die Cate­dral de San Isidoro​​ an der Ost­sei­te, eine Kir­che mit mar­kan­ten Zwillingstürmen,

Holguín. La Catedral de San Isidoro.
La Cate­dral de San Isi­do­ro in Holguín.

Julio Gra­ve de Peral­ta, der Namens­ge­ber, ist ein berühm­ter Sohn der Stadt, ein, wie könn­te es in Kuba anders sein, in Unab­hän­gig­keits­kämp­fen erprob­ter Offi­zier. Sei­ne Sta­tue domi­niert den Platz, das Schwert ent­schlos­sen in der Hand hal­tend, wäh­rend der küh­ne Blick genau dort­hin schweift, wo sich zwei Eis­die­len befin­den. Soll­te der Mann etwa post­hum als wasch­ech­ter Kuba­ner geoutet wer­den? Die näm­lich lie­ben Eis.

Holguín. Schlange stehen vor der Eisdiele, der Heladeria Komodidad
Eis­lie­be: Schlan­ge ste­hen vor der Hela­de­ria Komodidad

Auch in Hol­guín bil­den sich oft schon vor­mit­tags Schlan­gen vor den Läden mit den süßen Sachen, der Creme­ría Guamá oder, direkt gegen­über, der Hela­de­ria Komodidad.

Holguín. Parque de las Flores (Parque Peralta) im Regen.
Nur, wenn es reg­net, ist der Par­que de las Flo­res fast verwaist

Der Papst in Holguín

Neben der Cate­dral de San Isi­do­ro befin­det sich​​ eine Skulp­tur von Johan­nes Paul II., sie wur­de nach des­sen Tod zu Ehren des pol­ni­schen Paps­tes errich­tet. Der näm­lich hat­te die Kir­che 1979 zur Kathe­dra­le, also zum Bischofs­sitz, beför­dert. „Möge Kuba sich der Welt öff­nen und die Welt sich öff­nen für Kuba!“, so lau­tet die von sei­ner spä­te­ren Kuba-Visi­te im Jahr 1998 über­lie­fer­te Bot­schaft. Gänz­lich uner­hört sind sei­ne Wor­te bekannt­lich nicht geblieben.

Holguín. Skulptur von Johannes Paul II. neben der Catedral de San Isidro.
Skulp­tur von Johan­nes Paul II. neben der Cate­dral de San Isidoro

Gegen­über, auf der West­sei­te des Plat­zes, fällt ein gro­ßes Wand­re­li­ef ins Auge. Das ton­nen­schwe­re Kunst­werk Mural Orí­ge­nes, Werk eines loka­len Künst­lers, illus­triert Ereig­nis­se aus der bei­na­he 500 Jah­re alten Geschich­te der Stadt Hol­guín sowie des Lan­des Kuba ins­ge­samt. Erfreu­li­cher­wei­se, ohne sich dabei aus­schließ­lich auf die übli­chen Revo­lu­ti­ons­hel­den der jün­ge­ren Gegen­wart zu kon­zen­trie­ren. Ent­de­ckung, Unab­hän­gig­keit und Skla­ven­be­frei­ung ste­hen statt­des­sen im Mittelpunkt.

Holguín. Mural Orígenes, ein Relief mit historischen Motiven, am Parque de las Flores.
Mural Orí­ge­nes, Reli­ef mit his­to­ri­schen Moti­ven, am Par­que de las Flores

Salón Benny Moré statt Tatort

Sonn­tag­abend, Men­schen strö­men in den Salón Ben­ny Moré. Wäh­rend sich anders­wo, im fer­nen Deutsch­land, die Leu­te nach dem Tat­ort­kri­mi auf die Nacht­ru­he vor­be­rei­ten, ist in Hol­guín an Schlaf noch nicht zu den­ken. Hier geht es jetzt erst rich­tig los. Im Salon Ben­ny Moré gibt es Live-Musik und Show­pro­gramm unter nächt­li­chem Ster­nen­him­mel. Danach wird getanzt, natür­lich flie­ßen Bier und Rum und ich bin mit­ten­drin. Und anschlie­ßend betrun­ken. Eine ers­te Erfah­rung mit Hol­guíns Nacht­le­ben, die mich spä­ter in see­li­gem Rausch in den Schlaf fal­len lässt. Es soll­te nicht das letz­te Mal blei­ben, dass ich den nach dem berühm­ten Musi­ker mit dem bemer­kens­wer­ten Spitz­na­men “El Bár­ba­ro del Rit­mo” benann­ten Club aufsuche.

Holguín. Spuren der Nacht im Salón Benny Moré
Salón Ben­ny Moré: Spu­ren der Nacht vor dem Por­trät von „El Bár­ba­ro del Ritmo“

Parque Calixto Garcia, das Herz von Holguín

Von irgend­wo klingt die Stim­me von Marc Antho­ny über den Par­que Calix­to Gar­cia. “Flor Páli­da”, auf Deutsch “blas­se Blu­me”, heißt es, Sal­sa-Rhyth­men rufen die Nacht­schwär­mer zum Tanz in die Casa de la Músi­ca oder hoch zur Dach­bar La Ter­raza 1720. So genau lässt sich das nicht sagen, wenn gleich­zei­tig Tech­n­obäs­se von der ande­ren Sei­te wum­mern. Der Par­que Calix­to Gar­cia ist der größ­te der vie­len Parks und Plät­ze in Hol­guín, jeden­falls, wenn man die abseits des Zen­trums befind­li­che Pla­za de la Revo­lu­ción ausklammert. 

Holguín. Parque Calixto Garcia mit Blick auf die Statue des namensgebenden Generals.
Spä­ter, am Abend, wird der Par­que Calix­to Gar­cia zum belieb­ten Treffpunkt

Mehr als ein Jahr war der Platz eine Bau­stel­le, nun sind die Arbei­ten zwar been­det, aber tags­über wirkt das Gelän­de etwas unper­sön­lich auf­grund sei­ner Weit­räu­mig­keit. Spä­tes­tens nach Ein­bruch der Dun­kel­heit jedoch mutiert die Flä­che zu einem rie­si­gen Treff­punkt für jung und alt. Musi­kan­ten spie­len auf, Kin­der tol­len her­um und ande­re stim­men sich auf den Besuch der nahe­ge­le­ge­nen Clubs ein. Der Par­que Calix­to Gar­cia ist das Herz von Holguín. 

Holguín. Menschen bummeln über den Parque Calixto Garcia.
Mit Son­nen­schutz tags­über im Par­que Calix­to Garcia

Holguíns Casa de la Trova

Die Casa de la Tro­va von Hol­guín bie­tet einen Hauch ange­neh­mer Nor­ma­li­tät. Kei­nen Tou­ris­ten­zir­kus wie etwa die Tro­va­häu­ser von Sant­ia­go de Cuba oder Bara­coa. Man hat sich offen­sicht­lich, vor allem nach­mit­tags, der Nue­va Tro­va ver­schrie­ben. Anders als die alten Trou­ba­dou­re, die Son und ande­re tra­di­tio­nel­le Rich­tun­gen pfle­gen, sind die Inter­pre­ten oft jün­ge­ren Alters und wir­ken eher wie Lie­der­ma­cher, deren Musik von Jazz beein­flusst ist. Aber kei­ne Sor­ge, auch der Son Cuba­no kommt in der Casa de la Tro­va “El Gua­ya­be­ro” nicht zu kurz. Zur Abend­vor­stel­lung näm­lich wech­selt das Pro­gramm und meist sorgt dann eine viel­köp­fi­ge Band für ande­re Klän­ge. Den­noch ist die Casa de la Tro­va von Hol­guín kein kul­ti­ger Treff­punkt für die Alten wie etwa in Guan­tá­na­mo, wo sie sich in ihre schicks­ten Kla­mot­ten schmei­ßen, um das Tanz­bein zu schwingen.

Holguín. Casa de la Trova "El Guayabero".
Heim­li­cher Chef in der Casa de la Tro­va von Holguín

Tat­säch­lich ist das Publi­kum gemischt, je nach Sai­son befin­den sich mal mehr Tou­ris­ten dar­un­ter und mal weni­ger. Die Stim­mung ist oft aus­ge­las­sen und, es soll natür­lich nicht ver­schwie­gen wer­den, der heim­li­che Chef des Hau­ses macht oft sei­ne Run­de, auf vier sam­tig wei­chen Pfo­ten. Und gern lässt sich die Mie­ze­kat­ze auch mal knud­deln. Zum Schluss noch ein ech­ter Geheim­tipp: wem neben durst­lö­schen­dem Getränk nach einem Imbiss ist, soll­te einen Schin­ken-Käse-Tel­ler ordern. Der ist für 2 CUC erhält­lich, was all­ge­mein gar nicht bekannt ist. Buen provecho!

Holguín. Estadio "Calixto García"
Wer sich für Base­ball inter­es­siert: auf ins Sta­di­on Calix­to García

Hemingway in Holguín?

In der Cal­le Mar­tí, süd­west­lich vom Par­que Calix­to Gar­cia, wur­de im Mai die Bode­gui­ta del Medio eröff­net. Bode­gui­ta del Medio? Da war doch etwas. Genau, es han­delt sich um einen Able­ger der Bar, in der “Papa” Heming­way in Havan­na einst dem Moji­to gefrönt haben soll. Nun nut­zen sie den Namen des berühm­ten Schrift­stel­lers also auch in Hol­guín, um Gäs­te anzu­lo­cken. Einen Preis für Krea­ti­vi­tät wird man mit die­ser Idee sicher nicht gewin­nen, aber war­um nicht ein­mal hin­ein­schnup­pern in den neu­en Laden?

Bild von Holguín in der Fußgängerzone, der Calle Manduley
Kunst auf Kacheln, Bild von Hol­guín in der Fuß­gän­ger­zo­ne, der Cal­le Manduley

Man könn­te den­ken, für den Außen­an­strich hät­ten sie Farb­res­te des Gebäu­des neben­an, der staat­li­chen Tele­fon­ge­sell­schaft, ver­wen­det. Die Fas­sa­de leuch­tet näm­lich in “ETEC­SA-Blau”, wäh­rend im Inne­ren die wei­ßen Wän­de zum Voll­krit­zeln frei­ge­ge­ben sind, das Ori­gi­nal in der fer­nen Haupt­stadt lässt grü­ßen. Eines der Bil­der hin­ter dem Tre­sen fängt die gute Lau­ne zwei­er bär­ti­ger Her­ren ein, Ernest Heming­way und Fidel Cas­tro schei­nen sich präch­tig zu ver­ste­hen. Zum wesent­li­chen: die Cock­tail­kar­te bie­tet eine gro­ße Aus­wahl, allein der Moji­to wird in sie­ben ver­schie­de­nen Vari­an­ten ange­bo­ten. Ob da wohl auch etwas für den Hoch­see­fi­scher und Groß­wild­jä­ger Heming­way dabei gewe­sen wäre?

Holguín. La Periquera, Museo Provincial
La Peri­quera, his­to­ri­sches Gebäu­de, in dem sich jetzt ein Muse­um befindet

Holguín kulinarisch

Ein­ein­halb Jah­re zuvor war ich einer der ers­ten Gäs­te gewe­sen. Das Avilés hat­te gera­de eröff­net und die Bar im Ein­gangs­be­reich war noch nicht fer­tig. Die ers­ten Ein­drü­cke waren jedoch schon ver­hei­ßungs­voll. Wo man spä­ter einen ordent­li­chen Cock­tail trin­ken kann, woll­te ich damals wis­sen und Lui­za nann­te mir die Par­ril­la­da de la Músi­ca, eben­falls eine gute Adres­se für Speis und Trank in Hol­guín. Inzwi­schen ist die Bar zum Prunk­stück des Restau­rants gewor­den, viel Holz, dun­kel und mas­siv, wur­de ver­baut und in den Rega­len thront eine veri­ta­ble Aus­wahl an Spi­ri­tuo­sen. Nach ande­ren Loka­li­tä­ten wür­de ich hier jetzt ganz sicher nicht mehr fragen.

Holguín. Restaurante Avilés 1882.
Im Restau­rante Avilés 1882

Das Essen ist schmack­haft und auch optisch anspre­chend ange­rich­tet, zudem sind die Prei­se mode­rat. Zwei­fel­los ist mit dem Restau­rante Avilés nun end­gül­tig ein Stern am Gas­tro­no­mie­him­mel von Hol­guín auf­ge­gan­gen. Und gleich­zei­tig ist es der bes­te Beweis dafür, was mög­lich ist, nach­dem in Kuba pri­vat­wirt­schaft­li­che Akti­vi­tä­ten erlaubt wur­den. Nur der gold­kett­chen­be­häng­te Chef offen­bart sich als ziem­li­cher Stof­fel, der nicht grü­ßen kann. Wor­über sich aber locker hin­weg­se­hen lässt, die sym­pa­thi­schen und hilfs­be­rei­ten Ange­stell­ten machen es mehr als wett.

Holguín. Momentaufnahme in den Straßen der Provinzhauptstadt.
Wer ist schnel­ler? Moment­auf­nah­me in den Stra­ßen von Holguín

Holguín aus Vogelperspektive

Eigent­lich hat­te ich mir vor­ge­nom­men, die Stu­fen zu zäh­len, die zur Loma de la Cruz, dem “Hügel des Kreu­zes” im Nor­den von Hol­guín, hin­auf­füh­ren. Aber ich habe die Rech­nung ohne das Pferd gemacht, das mir plötz­lich, von der Sei­te aus dem Gebüsch kom­mend, neu­gie­rig den Kopf ent­ge­gen­streckt. Als im sel­ben Augen­blick die Kids hin­ter mir auch noch “Cuba lib­re” rufen, ist es unmög­lich, der Komik der Situa­ti­on zu wider­ste­hen. Vor­bei ist es mit der Kon­zen­tra­ti­on und augen­blick­lich ist die Zahl ver­ges­sen, die sich bis dahin in mei­nem Kopf ange­häuft hat­te. Egal, so geht es eben ohne zu zäh­len weiter.

Das ers­te höl­zer­ne Kreuz war 1790 auf dem Hügel, damals hieß er noch “Cer­ro de Baya­do”, errich­tet wor­den und seit­dem wur­de es mehr­fach aus­ge­tauscht. Jedes Jahr am 3. Mai zieht eine Pro­zes­si­on hin­auf, es ist der Beginn der Rome­rí­as de Mayo, tra­di­tio­nel­ler Fei­er­lich­kei­ten mit Musik und Tanz, eine gan­ze Woche dau­ert das Spektakel.

Loma de la Cruz. Blick über Holguín.
Blick über Hol­guín von der Loma de la Cruz

Auch Papst Fran­zis­kus war bereits hier oben, als er 2015 Kuba besuch­te und hat der Stadt Hol­guín aus luf­ti­ger Höhe sei­nen Segen erteilt. Dem alten Mann wer­den sie den beschwer­li­chen Auf­stieg sicher erspart haben, schließ­lich führt auch eine Stra­ße nach oben. Ich hin­ge­gen unter­neh­me auf dem Rück­weg einen neu­er­li­chen Zähl­ver­such, dies­mal ohne beson­de­re Vor­fäl­le. Auf 461 Stu­fen kom­me ich, wäh­rend ande­re Quel­len von 458 spre­chen. Wer wird sich hier wohl ver­zählt haben?

Wer ist Leoni Torres?

Nur sel­ten kom­men bekann­te Sän­ger aus Havan­na nach Hol­gu­in, heißt es. Ich sol­le daher ins Caba­ret Bariay gehen, wo Leo­ni Tor­res auf­tritt. Sie liebt Leo­ni Tor­res, fügt Lari­za, die Tipp­ge­be­rin, noch hin­zu. Mir hin­ge­gen war nicht ein­mal der Name geläu­fig und auch den Ver­an­stal­tungs­ort hat­te ich bis­her nicht wahr­ge­nom­men. Außer­dem hat­te ich ande­re Plä­ne, woll­te das Caba­ret Noc­tur­no auf­su­chen, das eine Wei­le wegen Reno­vie­rung geschlos­sen war. Das Noc­tur­no liegt etwas außer­halb, unmit­tel­bar an der Stadt­gren­ze von Hol­guín, an der Car­re­te­ra Cen­tral, der Stra­ße Rich­tung Las Tunas.

Holguín. Show im Cabaret Nocturno.
Show im Caba­ret Nocturno

Als ich ankom­me, ist es noch recht leer im Rund des Open-Air-Bereichs, dabei soll die Show bereits in einer Vier­tel­stun­de begin­nen. Kurz dar­auf wird es aber doch noch etwas vol­ler, ein Bus setzt eine Tou­ris­ten­grup­pe aus Guard­ala­va­ca ab und wenig spä­ter geht es auch schon los. Die Dar­bie­tung, eine knap­pe Stun­de dau­ert das Pro­gramm, ist pro­fes­sio­nell, kei­ne Fra­ge. Aber, um es im Juro­ren­sprech deut­scher Cas­ting­shows zu sagen: es berührt mich nicht, ins­be­son­de­re das über­trie­ben geküns­tel­te Grin­sen der Künst­le­rin­nen und Künst­ler wirkt befremd­lich. Wie dem auch sei, im Anschluss dar­an heißt es “Dance Com­pe­ti­ti­on” und fünf Damen aus dem Publi­kum wer­den mehr oder weni­ger frei­wil­lig auf die Büh­ne gebe­ten, den Gäs­ten aus Guard­ala­va­ca dürf­ten sol­che Spie­le vom Ani­ma­ti­ons­pro­gramm ihrer Hotels bekannt sein. Hät­te ich an die­sem Abend doch bes­ser dem Caba­ret Bariay und Leo­ni Tor­res den Vor­zug geben sollen?

Abschied von Holguín

Auf­bruch. Wie­der ein­mal ist Rei­se­tag. Geschäf­tig geht es in Hol­guín am frü­hen Mor­gen zu. Men­schen eilen ziel­stre­big durch die Stra­ßen, stei­gen zügig in die loka­len Bus­se. Es herrscht eine ange­neh­me Betrieb­sam­keit, wäh­rend gleich­zei­tig noch ein wohl­tu­end fri­scher Wind durch die Stra­ßen weht. Oft war ich bis­her zurück­ge­kehrt, hat­te immer wie­der eini­ge Tage hier ver­weilt. In Hol­guín, dem Nadel­öhr nicht nur Rich­tung Osten.

Holguín. Momentaufnahme auf der Straße.
Irgend­wo in den Stra­ßen von Holguín

Denn nicht nur zum belieb­ten Urlaubs­ziel Guard­ala­va­ca gelangt man schnell, auch nach Giba­ra, dem Küs­ten­ort mit sei­nem etwas rau­en mari­ti­men Charme, etwas abseits des übli­chen Tou­ris­ten­trails, ist es nur ein Kat­zen­sprung. Über das vom Nickel­berg­bau gepräg­te Moa geht es zudem nach Bara­coa, dort wo Kuba am ursprüng­lichs­ten, wil­des­ten und schöns­ten ist. In Guan­tá­na­mo, bei­na­he noch so etwas wie ein Geheim­tipp, winkt womög­lich die Noche Guan­tan­ame­ra, ein typisch kuba­ni­sches Fest, laut und leben­dig. Und Sant­ia­go de Cuba schließ­lich, die ehe­ma­li­ge Haupt­stadt, ist Musik. In der Hit­ze von Sant­ia­go spürt man den Rhyth­mus Kubas.

Holguín. Auf der Plaza de la Marqueta stehen mehrere Bronzefiguren.
Auf der Pla­za de la Mar­que­ta ste­hen meh­re­re Bronzefiguren

Für mich heißt es nun jedoch Abschied neh­men von Hol­gu­in und vom Ori­en­te. Viel Zeit habe ich im Osten Kubas ver­bracht. Und viel­leicht keh­re ich ja irgend­wann wie­der ein­mal zurück. Dann wäre es wie immer: so ver­traut die Män­ner im Park mit ihren Schach­fi­gu­ren. Die herz­li­che Begrü­ßung durch Bea­triz, mei­ne Gast­ge­be­rin. Und schließ­lich der Blick aus dem Fens­ter, hoch zur Loma de la Cruz. Gera­de­zu so, als wäre ich nie weg gewe­sen. Es wäre auch ein biss­chen wie nach Hau­se kommen.

Ach ja, ein Kon­zert von Leo­ni Tor­res wür­de ich mir ganz sicher nicht noch ein­mal ent­ge­hen las­sen. Spä­ter, in Havan­na, soll­te es sich näm­lich her­aus­stel­len: aus­ge­rech­net Leo­ni, mir nament­lich bis dahin nicht bekannt, ist der Inter­pret des Lie­des, das mich in Kuba schon so lan­ge beglei­tet hat­te: Toda una Vida”.

Tipps für An- und Abreise / Transport

  • Von Hol­guín nach Giba­ra. Máqui­nas fah­ren von der Ave­ni­da Caji­gal, der Stra­ße nach Giba­ra, Preis: 20 CUP. Tipp: mit dem Bici­ta­xi (1 CUC pro Per­son) zum Hal­te­punkt brin­gen lassen.
  • Von Hol­guín nach Guard­ala­va­ca. Sam­mel­ta­xis fah­ren in der Nähe des Ter­mi­nal Dago­ber­to San­field Guil­lén, in der Ave­ni­da XX Ani­ver­sa­rio, neben dem Sta­di­on Gene­ral Calix­to Gar­cía, ab. Fahr­preis: 10–15 CUC (für den kom­plet­ten Wagen).
  • Von Hol­guín nach Guan­tá­na­mo. Tipp: mit dem Zug durch Kubas wil­den Osten, alle zwei Tage mög­lich, Dau­er: 6−6,5 Stun­den, Preis: 6,50 CUC.
  • Von Hol­guín nach Las Tunas und Puer­to Pad­re. Camio­nes fah­ren vom Ter­mi­nal Dago­ber­to San­field Guil­lén, nach Las Tunas (10 CUP). Rich­tung Puer­to Pad­re in Las Tunas umstei­gen (7 CUP).
  • Von Hol­guín nach Sant­ia­go de Cuba. Camio­nes fah­ren eben­falls vom Ter­mi­nal Dago­ber­to San­field. Dau­er: ca. 3 Stun­den. Preis: 30 CUP.
  • Von Hol­guín nach Bara­coa. Camión (40 CUP) oder Máqui­na (100 CUP) bis Moa, dort wei­ter nach Bara­coa mit Máqui­na (50 CUP).
  • Von Hol­guín nach Havan­na. Ein Zug wäre erst in 4 Tagen gefah­ren, daher habe ich aus­nahms­wei­se den Via­zul-Bus gewählt, es gibt 4 Ver­bin­dun­gen täg­lich (44 CUC).

Restauranttipps für Holguín

  • Restau­rante Avilés 1882, Frex­es 182. Für mich eines der ange­nehms­ten Restau­rants über­haupt in Kuba, was das Gesamt­pa­ket aus Preis / Leis­tung, Ambi­en­te und Per­so­nal betrifft.
  • Par­ril­la­da de la Musi­ca, Fomen­to 253, zwi­schen Frex­es und Aguilera.
  • Creme­ría Guamá, Ecke Luz Cabal­le­ro / Man­du­ley und direkt gegen­über Hela­de­ria Komo­di­dad. Wer möch­te, kann also bei­de gro­ßen Eis­die­len nach­ein­an­der tes­ten. Zu berück­sich­ti­gen: es wird in CUP (Mone­da Nacio­nal) bezahlt.

Tipps für Musik und Nightlife in Holguín

  • Salón Ben­ny Moré, Maceo (West­sei­te Par­que de las Flo­res). Musik, Show und Tanz unter frei­em Him­mel, mein Favo­rit in Hol­guíns Nachtleben.
  • Casa de la Tro­va “El Gua­ya­be­ro”, Maceo (West­sei­te Par­que Calix­to Gar­cia). Tipp: am Ein­gang hängt das Pro­gramm aus (auch für ande­re Veranstaltungsorte).
  • Caba­ret Bariay, der Cal­le Frex­es Rich­tung Nord­os­ten (vor­bei an Restau­rante Avilés 1882) folgen.
  • Dach­bar La Ter­raza 1720, Live­mu­sik, dazu Moji­to oder Bier in luf­ti­ger Höhe mit Blick auf den Par­que Calix­to Gar­cia. Hin­weis: Zutritt erfolgt nicht durch das Restau­rant 1720, son­dern um die Ecke, über die Cal­le Mara­ñon, die nächs­te Seitenstraße.
  • Casa de la Músi­ca. Ecke Man­du­ley / Frex­es (nord­öst­lich vom Par­que Calix­to Garcia).
  • Casa de Cul­tu­ral Muni­ci­pal “Manu­el Dosi­teo Agui­lera Ochoa”, Maceo (West­sei­te Par­que Calix­to Garcia).

Weitere Infos für Holguín

  • Wem der Sinn neben Musik, Night­li­fe und Gas­tro­no­mie nach wei­te­ren kul­tu­rel­len Ange­bo­ten steht, fin­det in Hol­guín drei Muse­en: Museo Pro­vin­cial de His­to­ria im Natio­nal­denk­mal “La Peri­quera”, Frex­es 190. Museo de His­to­ria Natu­ral Car­los de la Tor­re y Huer­ta, Maceo 129. Museo Casa Natal Calix­to Gar­cia, Miró 147.

Autor, Reisereporter und Reiseblogger. Nachdem man ihn dazu gebracht hat, seine vorherige berufliche Karriere zu beenden (um das böse Wort Mobbing zu vermeiden), treibt ihn die Neugier hinaus in die Welt und er erzählt Geschichten von unterwegs.

12 Kommentare zu “Holguín, unterschätzte kubanische Provinzhauptstadt

  1. Ich mag das gan­ze Ambi­en­te in Kuba. Die alten Häu­ser, engen Gas­sen und beson­ders die Old­ti­mer. Das alles zusam­men ergibt ein­fach ein fan­tas­ti­sches Bild. Vie­len Dank für dei­ne tol­len Fotos 🙂 LG aus Thailand

  2. Die Kat­ze ist ja niedlich.
    Ich mag aber auch sehr ger­ne die Skulp­tu­ren und das rie­si­ge Reli­ef. Kuba liegt ja eigent­lich so gar nicht auf mei­ner “möchte-ich-mal-hin”-Schiene.
    Dan­ke für den span­nen­den Bericht

    Es grüßt
    DieReiseEule

    • Wolfgang

      Dan­ke für Dei­nen Kom­men­tar, Liane! 😉
      Und ja, an Kuba schei­den sich eh die Geis­ter. Die einen lie­ben es und flie­gen immer und immer wie­der hin … und die ande­ren? Naja, die sehen es halt anders (vor­sich­tig ausgedrückt) .……

      LG, Wolf­gang

  3. Lie­ber Wolf­gang, tol­ler Arti­kel. Bei mir ist die Rei­se schon lan­ge her, aber dein Arti­kel hat vie­le Erin­ne­run­gen geweckt. Ich habe nur weni­ge Län­der ken­nen­ge­lernt, deren Men­schen trotz vie­ler Pro­ble­me so lebens­lus­tig sind.

    • Wolfgang

      Vie­len Dank, Ros­wi­tha! 😉 Oh ja, lebens­lus­tig sind die Men­schen in Kuba, kei­ne Frage …

  4. Hal­lo Wolfgang,
    Kuba ist ein wahn­sin­nig span­nen­des Rei­se­ziel. Ich hof­fe, dass ich es schaf­fe mög­lichst noch zu einer Zeit dort hin zu fah­ren, in der die Ver­än­de­rung noch mini­mal ist.
    Dein Bericht macht auf jeden Fall Lust dar­auf mög­lichst sofort dort hin zu fliegen.
    Dan­ke, Susanne

    • Wolfgang

      Ich dan­ke Dir, Susanne! 😉 

      Aber kei­ne Sor­ge, das Land an sich wird sich ja nicht grund­le­gend ändern. Vie­le ande­re Ver­än­de­run­gen müs­sen aber sein, dazu war zu lan­ge Still­stand in Kuba, das ist nicht gut, in vie­ler­lei Hinsicht … 

      LG, Wolf­gang

  5. Ein super span­nen­des Rei­se­ziel, das auf mei­ner Lis­te noch fehlt. Sehr infor­ma­ti­ver Arti­kel, vie­len Dank dafür 🙂

  6. Ein tol­ler Bericht! Ich fin­de das auch immer so schön, an alte Orte zu kom­men und sich direkt wie­der wie zuhau­se zu füh­len! Die kuba­ni­schen Old­ti­mer sind ein­fach klas­se! Die im Park Schach spie­len­den Män­ner ken­ne ich vor allem aus Frank­furt, aus dem Beth­mann­park. War eim­mer ein sehr schö­ner Anblick, die Ruhe und Zufrie­den­heit die­ser Men­schen zu beob­ach­ten. Oder wenn sie sich vor lau­ter Ver­zweif­lung die Haa­re rauf­ten, lach. Tol­le Tipps noch zum Ende des Artikels! 

    Lie­be Grüße
    Melanie

    • Wolfgang

      Ja, ich bin eigent­lich eher ein Ent­de­cker, dem der Sinn danach steht, neu­es zu ent­de­cken, aber in letz­ter Zeit mer­ke ich, dass es mich auch ver­mehrt an solch sym­pa­thi­sche Orte wie Hol­guín zurückzieht …

      Dan­ke für Dei­nen Kom­men­tar, Mela­nie & lie­be Grüße
      Wolfgang

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert