Das besondere an Afurada, dem Fischerdorf an der Mündung des Douro? Womöglich, dass es dort, gegenüber von Porto, nichts besonderes gibt. Außer frischem Fisch, der vom Grill direkt auf den Tisch kommt. Außer den Menschen, die man in den Straßen trifft. Und der Wäsche, die hier im Wind flattert.
Das bemerkenswerte: Afurada ist beinahe noch so etwas wie ein Geheimtipp jenseits des Touristenrummels in Ribeira und Vila Nova de Gaia.
Das Rezept für einen Tag mit typisch portugiesischen Erlebnissen in Porto? Man nehme frischen Fisch und köstlichen Vinho Verde in Afurada und garniert das ganze mit weiteren authentischen Eindrücken in dem beschaulichen Fischerdorf. Dazu gibt man eine kräftige Prise schwermütigen Fado, die traditionelle portugiesische Musik, und würzt mit einem ordentlichen Schuss Portwein. Heraus kommt ein “Menü”, das dem vielseitig interessierten Besucher eindrucksvolle Sinnesfreuden verspricht.
Inhalte
Von Porto nach Afurada
Zunächst geht es über die Ponte Dom Luís I, die Brücke, die Porto mit Vila Nova de Gaia auf der anderen Seite des Douro verbindet. Zwar gibt es mehrere Wege, um von Porto nach Afurada zu gelangen, jedoch ist der Fussmarsch am Ufer von Gaia entlang die beste Wahl. Denn so lässt sich gleichzeitig der Ausblick hinüber nach Ribeira genießen, auf die bunten Häuser von Portos historischer Altstadt.
Der Weg führt vorbei an Restaurants und Portweinbars. Und an diversen Verkaufsständen, die an der Uferpromenade allerlei Krimskrams feilbieten. So, wie überall, wo Touristen zuhauf auftreten. Bald aber liegt der Trubel hinter mir und der Fußweg geht in einen Holzsteg über. Denn die Straße, die sie dem zum Fluss abfallenden Hang abgerungen haben, bietet nur Platz für zwei Fahrbahnen. So laufen die Fussgänger quasi übers Wasser. Sie gehen über hölzerne Planken, versehen mit kleinen Öffnungen. Dort stecken Angler ihre Ruten hinein, nachdem sie diese in das Wasser des Douro ausgeworfen haben, um schließlich geduldig auf Beute zu warten. Tagein, tagaus das gleiche Spiel.
Noch unter der Ponte de Arrábida hindurch, dann öffnet sich die Mündung des Flusses. Zum Atlantik hin wird der Douro zunehmend breiter und auch Afurada ist bald schon in Sichtweite. Die letzte Brücke, bevor der Fluss eins wird mit dem Ozean, wurde 1963 fertiggestellt, nach 6 Jahren Bauzeit. Zu dieser Zeit war die Ponte de Arrábida die größte Stahlbeton-Bogenbrücke der Welt.
Bem-vindo a Afurada!
Das Fischerdorf begrüsst mich mit farbenfrohen Häusern, viele davon mit Azulejos verkleidet. Den buntbemalten Keramikfliesen, wie man sie hier in Portugal und auch in Spanien kennt. Grills stehen auf der Strasse und der verführerische Duft gerösteten Fischs steigt dem hungrigen Ankömmling in die Nase. Vor manchen Häusern stehen Bänke und einige Eingänge sind mit Pflanzen geschmückt. Ein weiteres Markenzeichen Afuradas: Besen. Die einen neben der Haustür an die Wand gelehnt, die anderen im Einsatz. Immer wieder sieht man fleißig fegende Frauen vor den Häusern.
Speis und Trank in Afurada
Der erste Besuch in Afurada führt mich auf direktem Weg in die Casa do Pescador, eines der ersten Restaurants, sobald man von der Küstenstraße kommend in das Dorf hineinläuft. Es ist schon etwas spät für das Mittagessen, selbst für portugiesische Verhältnisse, also gleich hinein und dem Lokal auf den Zahn gefühlt. Das Essen ist lecker und die Portionen sind riesig. Dennoch sollte es das bisher einzige Mal bleiben, dass ich dort einkehre, wenngleich ich noch mehrere Male nach Afurada zurückkehre.
Die Konkurrenz nämlich lockt mit sonnigen Plätzen draußen auf der Straße. Gegen Jahresende auch im nördlichen Portugal ein nicht von der Hand zu weisendes Argument, um einem solchen Ort den Vorzug zu geben. Dort, in der Taberna do São Pedro, geht es rustikal zu, statt Speisekarte gibt eine Tafel Auskunft über die Gerichte des Tages. Flugs stehen Oliven auf dem Tisch, dazu frisches Brot. Und bald auch eine Karaffe mit gut gekühltem Vinho Verde. Zweifellos eine nette Illusion, aber in diesem Moment scheint es schwer vorstellbar, dass das leckere Getränk anderswo ähnlich köstlich schmecken kann.
Tradition im Lavadouro Público
Das Durchstreifen der Straßen Afuradas stellt keine große Herausforderung dar, es gibt nicht viele. Dafür lohnt es sich, die Eindrücke wirken zu lassen. Schwarz gekleidete Fischerwitwen sitzen vor den Häusern. Ein freundliches „ola“ oder, je nach Tageszeit, „bom dia“ oder „boa tarde“ bricht schnell das Eis und entlockt den mitunter ernsten Gesichtern ein Lächeln, so dass man sich gleich ein wenig dazugehörig fühlt.
In einem Häuschen in Ufernähe befindet sich der Lavadouro Público, ein öffentlicher Waschplatz. Frauen waschen hier auf traditionelle Weise ihre Wäsche. Geradezu so, als stünde die Erfindung der Waschmaschine erst noch bevor. Es wird geseift, gerubbelt und gewrungen, eine aufwendige und kräftezehrende Arbeit.
Anschließend wird die Wäsche auf dem Platz vor dem Waschhaus aufgehängt, wo sie vor der Kulisse der im Hafen dümpelnden Fischerboote munter im Wind flattert. Welche Maschine könnte ihr mehr Frische geben als die als Schleuder dienende atlantische Brise, die vom nahen Ozean herüber weht?
Eine Straße in Höhe des Waschhauses führt zu guter Letzt hinauf auf die Anhöhe, an deren Fuss Afurada liegt. Von oben hat man den besten Blick hinweg über das Fischerdorf und die Mündung des Douro. Und auch hier flattert, quasi wie ein Wahrzeichen, Wäsche im Wind.
Für Kontrast sorgen im Hintergrund Hotels und andere Hochhäuser von Vila Nova de Gaia. Auch Afurada, mit vollständigem Namen São Pedro da Afurada, gehört zu Gaia, spätestens hier aber wird es deutlich, das beschauliche Dorf ist eine Welt für sich. Und in die gelangt man, einem Rundkurs folgend, anschließend auch zurück, am Café O Cantinho endet der von oben kommende Weg und man ist wieder in Afurada.
Weitere “Zutaten”
Der Besuch in Afurada lässt sich wunderbar mit weiteren Aktivitäten verbinden. Die “Zutaten” zu diesem “Menü”: die Besichtigung einer der Portweinkellereien in Vila Nova de Gaia bietet sich an, die markanten Gebäude liegen schließlich fast auf dem Weg nach Afurada. Möglich ist die Visite natürlich auch auf dem Rückweg, jedenfalls dann, wenn nicht gerade Dienstag ist. Dann nämlich sollte ein Besuch der Adega Rio Douro eingeplant werden. Dort gibt es seit Jahrzehnten beeindruckenden Fado, traditionelle Darbietungen von Einheimischen für Einheimische. Mit dem Boot „Flor do Gás” geht es hinüber auf die andere Seite des Douro, um dort der melancholischen Musik zu lauschen.
Ein Hauch von Kuba in Afurada
Nach einem Jahr bin ich zurück, mache mich erneut auf den Weg von Porto nach Afurada. Sonntags scheint das Fischerdorf eine besondere Anziehungskraft auf die Einheimischen aus der Umgebung auszuüben. In der Taberna do São Pedro herrscht reger Betrieb, vor dem Restaurant haben sie diesmal mehrere Grills aufgebaut, auf denen bereits Dorade, Sardinen und anderer Fisch brutzelt. Rauch umweht die Tische, bald steht wieder ein großer Krug mit Vinho Verde auf dem Tisch, zudem lacht mir die Sonne ins Gesicht. Es ist schön, wieder hier zu sein.
Drinnen erklingt Musik und lange dauert es nicht, bis der Musikant heraus auf die Straße kommt. Gustavo ist Kubaner und bald heißt es „Bailando“ und auch Che Guevara wird besungen. Ein Hauch von Kuba weht durch Afurada, einen dieser besonderen Orte, an die ich immer wieder gern zurückkehre.
Tipps & Infos für Afurada
- Fado. Traditionelle portugiesische Musik, dienstags ab 16:30 Uhr in der Adega Rio Douro, Rua do Ouro 223, gegenüber von Afurada. Mit dem Boot “Flor do Gás” geht es auf die andere Seite des Douro.
- Portwein. Die Besichtigung einer Kellerei in Vila Nova de Gaia inklusive Verkostung lässt sich gut mit dem Besuch Afuradas verbinden, bestens geeignet ist Graham´s, die dem Fischerdorf nächstgelegene Kellerei.
- Am 29. Juni ist Feiertag, dann wird der Schutzpatron der Fischer, St. Peter, auf portugiesisch São Pedro, geehrt. Straßenfest, Feuerwerk und Prozessionen stehen in Afurada auf dem Programm.
- Interpretive Center und Mercado. Das Afurada´s Heritage Interpretive Center, eine Art Museum, sowie der Mercado laden ebenfalls zum Besuch ein, der Marktbesuch erfordert ein frühzeitiges Erscheinen.
Restaurants in Afurada
- Casa do Pescador, Rua Vasco da Gama 18 (als Appetitanreger dient der Bericht von Gail, einer in Portugal lebende Kanadierin)
- Taberna São Pedro, Rua Vasco da Gama 126
- Casa do FC Porto Dragões da Afurada, Rua António dos Santos 90
Darüber hinaus gibt es weitere Adressen, die sicher ebenfalls einen Besuch wert sind.
Von Porto nach Afurada
- Zu Fuss über die Ponte Dom Luís I, anschließend am Ufer des Douro entlang Richtung Ozean. Dauer: etwa eine Stunde.
- Zu Fuss auf der Porto-Seite. Alternativ mit dem Bus oder der historischen Tram. Überquerung des Douro mit dem Fährboot „Flor do Gás”, das praktischerweise auch Fahrräder mitnimmt.
Oh wow! Ich liebe Portugal und irgendwie besonders Port, aber das kannte ich noch nicht. Die flatternde Wäsche natürlich schon. Sie steht für ein Lebensgefühl, wenn sie sich so in die atlantische Salzluft beugt. Lieben Gruß zum neuen (Reise-)Jahr.
Bärbel
Ja, ich liebe Portugal auch. Schließe das Land immer mehr ins Herz, je intensiver ich es bereise und je öfter ich zurückkehre. Mal schau´n, ob es 2017 auch klappen wird … 😉
Liebe Grüße zurück,
Wolfgang
Schöner Bericht. Ich mag den Ort sehr gerne, da ich bei den Porto-Trips immer im Novotel (direkt neben dem IBIS) übernachte. Der Blick bei der Wäscheleine ist die Brücke vom Hotel über die Straße. Übrigens sind die Busverbindungen von Porto sehr gut (Casa da Música als Metrohaltestelle wird von mehreren Linien angefahren).
Afurada ist für mich Pflichtprogramm, inkl. Spaziergang zum Meer am Markt und Hafen vorbei. Lohnt sich und ist in Sichtweite von Porto aber eine andere Welt…
Danke für das Feedback. Ich hoffe, ich kann bald auch wieder sagen, dass Afurada für mich “Pflichtprogramm” ist (dann nämlich, wenn ich nach Porto, eine meiner Lieblingsstädte, zurückkehre…). 😉
Hallo Ihr Lieben .Wir sind zzt in Porto und waren vorgestern zu Fuss in Afurada und später noch ein Stückchen weiter.Es war bis ca 12 Uhr genauso wie beschrieben ‚eine andere Welt und traumhaft.Doch dann rückten Reisebusse an und unglaublich viele Menschen wollten dort essen .Es veränderte das Bild schlagartig ‚nahm aber von der Atmosphäre nur wenig ..Nach dem Essen platzten wir fast ‚weil die Portionen wirklich riesig waren und wir erst später bemerkten dass viele die einfach zu zweit essen.….somit ging es wieder zu Fuss nach Porto ‚vorher eine kleine Runde durch das Naturschutzgebiet Richtung Mündung in den Atlantik .Dort gibt es einen Weg, von dem aus man wunderbar den hunderten Möven zuschauen kann an ihren Ruheplätzen.Alles in allem ein wunderschöner Tag.