Wo wird Karneval in Portugal gefeiert und was passiert dort an den närrischen Tagen? Bei meinen Recherchen bin ich auf Ovar, südlich von Porto, gestoßen und habe mich aufgemacht, dem Spektakel vor Ort beizuwohnen. In einer kleinen Stadt, die sich als wahre portugiesische Karnevalshochburg erweisen sollte.
In Porto habe sie noch nie richtig Karneval erlebt, sagt Thaísa. Was kaum verwundert, sie ist schließlich vorbelastet. Seit zwei Jahren lebt Thaísa in Portugal und als Brasilianerin ist sie verwöhnt, was die närrische Zeit betrifft. Denn der berühmte Karneval von Rio ist heiß und bunt. Man denkt an glitzernde Kostüme und mitreissende Samba-Rhytmen. Und an schöne Körper, die viel nackte Haut zeigen. Karneval im tropischen Klima von Rio de Janeiro ist einzigartig, er ist die vielleicht größte Party der Welt. Schwer vorstellbar also, dass irgendetwas im fernen Europa diesem Event ernsthaft das Wasser reichen könnte.

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Karneval in Portugal – wo wird gefeiert?
Porto ist also nicht gerade das Zentrum des Faschings in Portugal. Und gleiches gilt auch für die Hauptstadt Lissabon, lerne ich. Aber wo findet dann die Party statt, wo wird getanzt und gefeiert und womöglich die Nacht zum Tag gemacht? Dass Karneval auch in Portugal eine regionale Angelegenheit ist, mit einigen verstreuten Hochburgen, erfahre ich. Madeira etwa sei ein Nabel des närrischen Treibens, der Karneval dort draußen im Atlantik gelte als einer der schönsten und farbenprächtigsten in Europa. Und in der Algarve-Stadt Loulé gebe es einen traditionsreichen Umzug.

Außerdem seien Elvas im Alentejo sowie Sesimbra, Nazaré oder Loures zu nennen, wenn es um Karneval in Portugal geht. Ich aber solle nach Ovar fahren, heißt es. Dorthin, wo die größte Sause im Umkreis von Porto stattfindet. Mit dem Zug sei die Stadt zudem auch gut erreichbar. So schnell entsteht ein Plan!
Von Porto nach Ovar
Am Sonntagmorgen regnet es in Porto und ich zweifele noch kurz, ob es Sinn macht, die Fahrt überhaupt anzutreten. Später mache ich mich dann aber doch auf. Zunächst zum Bahnhof Campanhã, wo eine erste Überraschung wartet: das Zugticket kostet nur 2 Euro, hin und zurück. Ein Sonderpreis wegen des Karnevals in Ovar! Und schon bald darauf, bei der Einfahrt in den dortigen Bahnhof, ist auch der Schauplatz zu entdecken. Der Grande Corso Carnavalesco findet auf der Avenida Sá Carneiro statt und die für das bunte Treiben gesperrte Straße verläuft parallel zur Eisenbahnstrecke.

Also raus aus dem Zug und ab durch den Bahnhof von Ovar. Der ist mit hübschen blau-weißen Azulejos, den typisch portugiesischen Kacheln, verziert, aber dafür ist jetzt keine Zeit mehr. Stattdessen geht es schnurstracks zu einem Kassenhäuschen direkt vor dem Bahnhofsgebäude. Dort werden nämlich Tickets verkauft, 6 Euro kostet der Zutritt zu dem Bereich, in dem der Umzug gleich starten wird. Die meisten Zuschauer haben sich bereits Plätze an vorderster Front gesichert, für viele Leute aus Ovar und Umgebung dürfte der jährliche Karnevalsbesuch zur Tradition gehören. Noch laufen Verkäufer geschwind herum, Plastikschemel oder kleine Klappstühle feilbietend, während sich einige der Besucher schon mal mit einem Schluck aus der Flasche ein wenig in Stimmung bringen.

Samba in den Straßen von Ovar
Pünktlich geht es los auf der vom Regen inzwischen fast schon wieder getrockneten Straße und angeführt wird die Parade von einem Paar älteren Semesters. Kutschiert werden die beiden in einem schicken weißen Cabrio aus deutscher Produktion, die vier Ringe sind das untrügliche Erkennungszeichen. Um wen handelt es sich? Die Antwort findet sich auf der Schärpe der Dame. wo Rainha do Carnaval de Ovar 2018 zu lesen ist. Sie ist die Königin des Karnevals von Ovar und bei ihrem Begleiter mit der zackigen Krone auf dem Haupt handelt es sich dann also um den Rei, den Karnevalskönig.

Riesige Clowns mit bunten Kostümen und lustigen Masken folgen auf die närrischen Hoheiten. Monströse Gestalten, die die Menge überragen und weithin sichtbar sind. Und dann? Ist zunächst einmal Schluss. Eine Verschnaufpause, möglicherweise zu Ehren des Königspaares?

Irgendwann geht es weiter und dann Schlag auf Schlag. Ein Hauch von Rio liegt bald in der Luft, denn Samba-Tänzerinnen in farbenfrohen Kostümen legen manch heisse Sohle aufs Parkett. Und geizen, sehr zur Freude des Publikums, nicht mit ihren Reizen. Die Karnevalsgruppen interpretieren außerdem verschiedene Themen. So “rudern” die einen in bunten Fischerbooten vorbei, sicher eine Hommage an die Region hier unmittelbar am Atlantik, während andere etwa eine Technoparade imitieren.

Auf einmal passiert genau das, was eigentlich nicht geschehen sollte: Regen setzt ein! Am Streckenrand werden sogleich Schirme aufgespannt und Regenjacken übergestreift. Nur die Karnevalisten auf der Straße machen gute Mine zum bösen Spiel, flanieren weiter lachend, gerade so, als habe der Himmel seine Schleusen gar nicht geöffnet. Was für ein Jammer, nachdem man monatelang auf die närrischen Tage hingearbeitet hat.

Ich habe keinen Schirm, aber der würde auch nur stören beim Fotografieren. Irgendwann jedoch sind die Finger klamm und die Klamotten werden auch immer feuchter. Es macht keinen Sinn mehr, länger zu verweilen, auch wenn ich es mir eigentlich anders vorgestellt hatte. So geht es zurück zum Bahnhof, dabei den Pfützen ausweichend, die sich bereits auf der Straße gebildet haben. Eine Stunde später bin ich dann auch schon wieder zurück in Porto, lasse im Trockenen, in einem meiner Lieblingsrestaurants, die Eindrücke aus Ovar sacken.

Faschingsdienstag in Porto
Tags zuvor hatte in Ovar die Grande Noite Mágica, die magische Nacht, stattgefunden und nun, am Karnevalsdienstag, schließt die närrische Zeit dort mit einer weiteren Parade ab. Im Restaurant in Porto, wo ich wieder sitze, läuft der Fernseher, so wie überall in den typisch portugiesischen Lokalen. Und auch im TV zeigen sie Bilder vom Karneval. Der Fernsehsender SIC berichtet live aus Torres Vedras, nördlich von Lissabon, aus Estarreja, südlich von Ovar, und aus Mealhada, das zwischen Aveiro und Coimbra liegt. Und mit Cabanas de Viriato im bergigen Hinterland Mittelportugals erfahre ich den Namen einer weiteren mir bis dahin nicht bekannten Karnevalshochburg.

Alles vorbei am Aschermittwoch
Auch in Portugal ist am Aschermittwoch Schluss mit dem närrischen Treiben. Porto wird von dichtem Sprühregen überzogen und im nur gut 30 km entfernten Ovar wird es kaum anders sein. Längst schon wird die Straße dort gereinigt sein und für den Verkehr wieder freigegeben. Und bald werden erste Gedanken bereits um das nächste Jahr kreisen, wenn es für die Samba-Schulen und Faschingsgruppen wieder heißt: Carnaval! Das Wetter wird man dabei immer im Hinterkopf haben. Denn schließlich ist Winter in Portugal und eine Garantie für Sonne und warme Temperaturen gibt es auch hier nicht. Das weiß in Porto auch die Brasilianerin Thaísa, wenn sie dann und wann wehmütig an die wilde und heiße Party in der fernen Heimat denkt.
Es folgen weitere Bilder vom Grande Corso Carnavalesco in Ovar, bevor ergänzende Infos das Thema Karneval in Portugal abschließen.
Karneval in Ovar | Infos
Informationen zum Carnaval de Ovar gibt es auf der dortigen Website sowie bei Facebook.
Von Porto nach Ovar: tagsüber fährt der Zug zweimal pro Stunde von Porto (wahlweise ab Estação de São Bento oder Campanhã) nach Ovar. Konkrete Infos liefert die Fahrplanauskunft der portugiesischen Eisenbahngesellschaft Comboios de Portugal.
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