Das Weiß der Häuser in Vejer de la Frontera strahlt außergewöhnlich hell. Leuchtender noch als in den anderen Pueblos Blancos, die ich zuvor gesehen hatte. Hat man in Vejer eine besondere Farbe verwendet, eine geheime Rezeptur womöglich, das weißeste Weiß von allen? 1976 bereits wurde die Altstadt unter Denkmalschutz gestellt, 1978 hat man sogar einen Preis gewonnen, im Wettstreit um die Verschönerung von Orten.
Die Suche nach meiner vorab ausgewählten Herberge gestaltet sich schwieriger als erwartet. Also kehre ich ein zwischendurch, auf ein kaltes Bier, ein paar Tapas. Und frage nach dem Weg. Es sind nur wenige Meter bis zu meiner Unterkunft, erfahre ich. Einmal war ich bereits vorbeigelaufen am Hostal La Posada, hatte die ganze Altstadt von Vejer de la Frontera, dem weißen Dorf, umrundet.
Der Besitzer öffnet, entpuppt sich als älterer Herr, die 70 dürfte er weit überschritten haben. Nun wird klar, warum ich keine Antwort erhalten habe. Hatte ich doch zwei Mails geschrieben, mich nach einem Zimmer erkundigt, den Preis erfragen wollen. Wer immer dem guten Mann eine Website eingerichtet hat, die Mailadresse dort hinterlegt, er sollte auch dafür sorgen, dass Anfragen gelesen werden und beantwortet.
La Cobijada, die Verschleierte
Später, beim weiteren Erkunden des Ortes, stoße ich auf La Cobijada. Das düstere Schwarz der Statue steht im Kontrast zum blitzenden Weiß der Häuser. Bis auf eine Hälfte des Gesichts ist die Frau verschleiert, sie erinnert an einen alten Brauch. Die Verhüllung katholischer Frauen war in Südspanien nämlich bis 1939 üblich, dann hat Franco, der Diktator, sie verboten.
Am anderen Ende von Vejer, San Miguel, stehen drei Windmühlen. Zur Asociación Cultural Los Burros de Juanino gehören sie. Sind Teil eines Museums. Touren mit Eseln veranstaltet man dort zudem, daher der Name (Burro = Esel). Nicht alle Besucher von Vejer de la Frontera werden den Weg hierher finden.
Am nächsten Tag schlendere ich wiederum durch die Gassen des historischen Kerns, vorbei an der Iglesia del Divino Salvador, und der Kapelle Nuestra Señora de la Oliva, hoch zur Burg, Castillo de Vejer, und wieder hinab.
Von Vejer de la Frontera zum Meer
Wie ich auf die Idee gekommen bin, nach El Palmar zu laufen, zum Meer? Der Gedanke war auf einmal da, in Vejer de la Frontera hatte ich alles gesehen. Wollte nun den Nachmittag nicht bei einer Siesta dösend vertrödeln. Und es sollten schließlich nicht einmal 10 km sein bis zur Küste, so hatte ich gelesen.
Nach etwa 2 km ein Schild am Straßenrand, noch immer sind es 12 km. Eine zuverlässigere Quelle für die Streckenlänge, zu ungenau waren wohl die Angaben aus dem Internet. Bis nach El Palmar sind es also eher 14 km von Vejer aus. Wenig befahren ist die Straße, auf Fußgänger treffe ich nicht. Wer käme schon auf die Idee, die Strecke zwischen Vejer de la Frontera und dem Meer zu laufen?
Ein langer, breiter Sandstrand säumt die Küste. Einige Leute baden, andere liegen faul in der Sonne. Welch Kontrast zum in der Höhe gelegenen Vejer de la Frontera. Geschäfte und Restaurants befinden sich an der Küstenstraße. Ich stärke mich mit Gebäck, gönne mir ein Getränk. Beim Sundowner hier dem Sonnenuntergang zu frönen, nur zu verlockend ist der Gedanke. Und wird schnell verworfen, schließlich muss ich doch noch zurück.
Später, wieder in Vejer, bin ich kaputt, müde nach insgesamt knapp 30 km Fußmarsch. Das Abendessen lasse ich ausfallen, kann mich nicht mehr aufraffen. Reichlich Kohlenhydrate würde es dafür am nächsten Morgen geben.
Abschluss mit exquisiten Leckereien
In der Confitería Galván “La Exquisita“ gibt es regionale Spezialitäten. Tortas vejeriegas, ein typisches Gebäck aus Vejer, oder Turrón de Cádiz, eine Süßigkeit mit Marzipan und Konfitüre.
Alte Fotos schmücken die Wand der 1942 gegründeten Konditorei. Routiniert serviert der Chef des Hauses den vorzüglichen Kaffee. Ein angenehmer Ort, um meinen Aufenthalt in Vejer abzuschließen, die Zeit bis zur Abfahrt des Busses mit der Verkostung süßer Leckereien zu verbringen.
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