Sambia verlassen, ohne die Victoriafälle gesehen zu haben? Unmöglich. Seit 1989 gehört der breiteste Wasserfall der Welt zum Weltnaturerbe der UNESCO und selbst die berühmten Niagarafälle sind kleiner als die Victoria Falls. Wo, wenn nicht hier, ist der Ort für den ersten Helikopterflug? In Livingstone, der Stadt, die nach dem Entdecker des großartigen Naturschauspiels benannt ist.
Mosi-oa-Tunya, donnernder Rauch, so nennen die Einheimischen die Victoriafälle, eine treffende Bezeichnung für die Wassermassen des Sambesi, die sich mehr als einhundert Meter in die Tiefe stürzen. Kilometerweit ist der dichte Sprühnebel, der hier an der Grenze zwischen Sambia und Simbabwe aufsteigt, zu sehen.
Ehre, wem Ehre gebührt, hat sich David Livingstone seinerzeit sicher gedacht. Der schottische Missionar und Afrikaforscher hat die Victoria Falls 1855 entdeckt und sie nach der Queen, seiner britischen Königin, benannt. Ob diese das nach ihr benannte Spektakel jemals zu Gesicht bekommen hat? Für mich lag es quasi auf der Strecke, bevor es weiter Richtung Botswana gehen würde.
Inhalte
Unterkunft: Qual der Wahl
Das Livingstone Backpackers ist ganz offensichtlich ein Mekka für Rucksacktouristen, denn mindestens zwei Dutzend liegen dort nachmittags faul am Swimmingpool. Gelangweilt oder cool, das ist die Frage. Für mich geht es weiter, das ist nicht meine Welt. Zuvor hatte mir ein eifriger Taxifahrer bereits zwei Hotels außerhalb der Stadt gezeigt. Das erste war ausgebucht, das nächste in der falschen Preisklasse. Die Gemeinsamkeiten der beiden Herbergen: bunte Broschüren an der Rezeption, von Veranstaltern diverser “Abenteuer” rund um den Wasserfall. Und die Tatsache, dass von den Victoriafällen noch gar nichts zu sehen ist. Dabei war doch die mögliche Nähe zum Naturschauspiel der Grund für mich gewesen, zunächst außerhalb der Stadt nach einer Herberge zu suchen.
Zurück in Livingstone fällt die Wahl auf das Fawlty Towers. Etwas widerstrebend zwar, denn das Zimmer ist eigentlich zu teuer, angemessen wäre eher die Hälfte des Preises. Ein Aufschlag etwa wegen des nahen Weltnaturerbes? Ein Wiedersehen gibt es sogleich mit Hans, dem Schweizer, den ich bereits in Lusaka, der Hauptstadt Sambias getroffen hatte. Während mich der Bus in 7,5 Stunden von Lusaka nach Livingstone gebracht hat, war Hans 3 Tage unterwegs. Mit dem Fahrrad.
Die Victoriafälle locken
Was liegt als erstes an am nächsten Tag? Natürlich auf zu den Victoriafällen, wo bereits einige Paviane warten und sich das Bestaunen des Spektakels als unerwartet vielseitige Angelegenheit entpuppt. Hinfahren, anschauen und wieder weg? So läuft das hier nicht, denn mehrere Wege führen zu diversen Aussichtspunkten und zeigen das Naturwunder in immer neuen Perspektiven und anderen Ausschnitten. Es ist nämlich unmöglich, den breitesten Wasserfall der Welt von irgendeiner Stelle aus in seinem ganzen Ausmaß zu sehen.
Durch einen kleinen Regenwald, die fruchtbare Nähe zum nassen Naturwunder macht es möglich, führt ein Pfad hinunter bis zum Fuß der Victoriafälle. Und oben, also genau da, wo es am feuchtesten ist, können Regenmäntel entliehen werden. Da, wo die rauschende Wasserwand am nächsten ist. Regenmäntel? Das passt doch eigentlich nicht, denn: “Africa is not for sissies” sollte ich später in Botswana lernen, in Kubu Island.
Wer jedoch auf den Regenschutz verzichtet, wird pitschnass. Aber kein Problem, in der afrikanischen Sonne sind die Klamotten im Handumdrehen wieder trocken. Zum Schluss geht es noch auf die Brücke, die hinüber nach Simbabwe führt, wo Souvenirverkäufer ihre Hartnäckigkeit unter Beweis stellen und es möglich ist, einige Meter auf simbabwischem Territorium zu laufen. Oder aber sich im Bungee Jumping zu üben, von der Zambesi Bridge hinab ins Niemandsland.
Drei Stunden oder länger kann man so auf der sambischen Seite der Victoriafälle verbringen. Eine noch bessere Aussicht soll es übrigens auf der anderen Seite geben, drüben von Simbabwe aus. Ganz sicher wird jedoch die Vogelperspektive, möglich aus dem Helikopter, nicht zu toppen sein.
Nachtleben in Livingstone
Ist das Nachtleben von Livingstone interessant, wenn sich einer der großartigsten Wasserfälle der Welt in unmittelbarer Nähe befindet? Durchaus. Jedenfalls dann, wenn vier spontane, unternehmenslustige Europäer in Livingstone zusammentreffen. Hans, der Schweizer Abenteurer, der schon fast 100.000 km mit dem Rad in Afrika zurückgelegt hat, kocht für uns, das hat er gelernt. Und natürlich hat er viel zu erzählen. Die Folge: ein Interview, bald hier zu lesen, zwischen südafrikanischem Wein und leckerem Essen.
7Eleven kannte ich bisher lediglich als Supermarkt mit tausenden von Filialen. Aus Thailand, dort dank gut funktionierender Klimaanlagen auch beliebt als Ort für eine Abkühlung an heißen Tagen. Aber 7Eleven als Nightclub? Wir hatten inzwischen aufgegessen und der Wein war auch alle. Und machen nun die Erfahrung, dass man in Livingstone auch in der Nacht von Sonntag auf Montag viel Spaß haben kann. Eben im besagten 7Eleven. Es gibt viel kaltes Bier und mächtig heißen Tanz. Lustig ist es und lange geht es auch.
Mit dem Helikopter über die Victoriafälle
Etwa eine Stunde vorher werde ich doch allmählich etwas nervös. Kein Wunder, es ist mein erster Flug mit dem Helikopter. Wenn nicht hier, über dem spektakulären Naturschauspiel, wo dann? Die Entscheidung war mir nicht schwergefallen. Man holt mich direkt von meiner Unterkunft ab und bringt mich zum Landeplatz, das ist im Preis inbegriffen. Nach Erledigung der Formalitäten gibt es eine kurze Sicherheitseinweisung und dann geht es auch schon los.
Geradezu sanft verläuft der Start, das hatte ich so nicht erwartet. Und erstaunlich ruhig ist es, ein mächtiger Kopfhörer leistet ganze Arbeit, lässt lediglich die Stimme des Piloten an mein Ohr. Zunächst nähert sich der Hubschrauber den Victoriafällen seitlich von der sambischen Seite. Anschließend sehen wir das beeindruckende Schauspiel frontal in seiner ganzen Dimension. Sowohl breiter als auch höher als die legendären Niagarafälle sind die Victoria Falls.
Als nächstes folgt der seitliche Blick von Simbabwe aus, bevor wir den Wasserstrom erneut frontal, diesmal von hinten, ansteuern. Nach einer weiteren Runde dreht der Helikopter ab und mir fällt auf, dass ich die Stimme des Piloten bisher überhaupt nicht wahrgenommen hatte. Zu sehr war ich darauf konzentriert, keinen der kostbaren Momente zu verpassen. Und natürlich darauf, Fotos zu schießen.
Auf Tiere, die irgendwo zu sehen sind, weist der Pilot hin, während wir uns wieder von den Victoriafällen entfernen. Ich aber behalte Mosi-oa-Tunya, den donnernden Rauch, weiter im Blick. Dann setzt der Pilot auch schon zur Landung an. Ich merke, wie die Spannung weicht. Und zunächst eine leichte Enttäuschung in mir aufsteigt. Der Flug war kurz und ich weiß schon jetzt, dass ich mit der Qualität der Fotos nicht zufrieden sein werde. Warum? Die Bewegungen des Helikopters. Dazu die Spiegelungen im Fenster und auch die eigene Anspannung. Keine guten Voraussetzungen für gelungene Bilder.
Begegnung am letzten Abend
Letzter Abend in Livingstone und zugleich die letzten Stunden für mich in Sambia. Eigentlich hatte das Eastpoint gelockt, ein weiterer Tipp für Nightlife. Dort geht es jedoch erst ab 23 Uhr los, erfahre ich. Das ist mir zu spät, ich mache stattdessen in Limpo´s Pub and Grill hat. Dort wird Billard gespielt, Fußball geschaut und Bier getrunken. Letzteres mache ich auch und setze mich an den Tresen. Das Lächeln am Tisch gegenüber ist unwiderstehlich, also begebe ich mich zu der hübschen jungen Frau, von der ich erfahre, dass sie Barbara heißt und dass die Dicke neben ihr ihre Schwester ist. Irgendwann berühren sich unsere Hände. Nanu, was ist das? Sie sind viel zu groß und auch viel zu kräftig für Frauenhände! Barbara nimmt einen meiner Finger und drückt ihn kraftvoll zusammen, während ihr Lächeln zu einem breiten Grinsen wird. Offensichtlich ist sie sich der eindrucksvollen Wirkung ihrer Pranken bewusst. Die dicke Schwester stiert währenddessen teilnahmslos vor sich hin.
Auf einmal spüre ich einen leichten Würgegriff am Hals und habe Mühe, mich zu befreien. Eine weitere Frau, älter als die anderen beiden, war hinzugestoßen. Welch sonderbare Art der Begrüßung. Ich trinke mein Bier aus, während Barbara gleichzeitig deutlich signalisiert, dass sie ein neues Getränk von mir erwartet. Wieder grinst sie und ich denke an ihre Männerhände und an den Würgegriff der Alten. Es ist Zeit, zu gehen. Ich verlasse den Pub und mache mich kurzerhand aus dem Staub.
Verfolgt in der Dunkelheit
Als ich mich bald darauf umdrehe, sehe ich hinter mir Barbara, die mir auf der dunklen Hauptstraße folgt. Dahinter, in zwanzig, dreißig Metern Abstand, die Alte, die Mühe hat, mitzuhalten. Ich forciere das Tempo, mir ist die Sache nicht geheuer. Und überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken daran, was Barbara womöglich mit ihren Händen anzustellen weiß. Sie kommt näher und näher, während die Alte mit weiterhin deutlichem Abstand am Lamentieren ist. Nur die Dicke wird wohl immer noch auf der Bank im Pub sitzen und vor sich hin stieren. Endlich ist es geschafft, kurz bevor Barbara mich einholt, erreiche ich das Ziel, Fawlty Towers, meine Herberge. Und bin ziemlich erleichtert, als der Security-Mann hinter mir die Tür schließt.
Am nächsten Morgen, im Bus Richtung Grenze, habe ich nicht nur Mosi-oa-Tunya, den donnernden Rauch der Victoriafälle, noch vor Augen. Auch an die drei seltsamen Gestalten muss ich zurückdenken. Insbesondere natürlich an Barbara, die Frau mit den unfassbar großen kräftigen Händen.
Victoriafälle auf einen Blick
- Öffnungszeiten: 6–18 Uhr (Winter ab 6:30 Uhr).
- Eintritt (Ausländer: Erwachsene, Kinder): 190 Kwacha (oder 20 US-Dollar), 95 Kwacha (oder 10 US-Dollar), Inländer zahlen 7 bzw. 3,50 Kwacha.
- Helikopterflüge mit United Air Charter: 10 min – $ 130, 12–15 min – $ 165, 18–20 min – $ 235, 25–30 min – $ 330.
Die Bilder, die du vom Hubschrauber aus geschossen hast sind der Hammer! Die Viktoriafälle stehen definitiv auf meiner Bucket-list, wobei ich auf eine Begegnung ala Barbara getrost verzichten würde 😉
Danke, Sabine … 😉 Und die gute Barbara scheint ja eh mehr auf Kerle zu stehen, passend zu ihren Händen! 😀
Jetzt bin ich echt neidisch, aus dem Heli hätte ich die Fälle auch gerne gesehen. Einmalig, oder?
Allerdings wurde mir beim Flug übers Okavango Delta schon speiübel, ob ich so einen Heliflug verkraftet hätte?
Ja, ich bereue es nicht, das gerade dort gemacht zu haben. Aber kein Grund zum Neid, Eva, ich bin ja dafür nicht über´s Okavango Delta geflogen! 😉 Und klar hättest Du das verkraftet, es waren ja nur ein paar Minuten. 12–13 oder so , da war gar keine Zeit für Übelkeit usw. … allerdings, wenn ich ehrlich bin, etwas angespannt war ich schon während des Flugs! 😀
Wow, das muss ein atemberaubendes Erlebnis gewesen sein. Sambia verlassen, ohne die Victoriafälle gesehen zu haben ist tatsächlich unmöglich, gelten sie doch als natürliches Weltwunder. Es ist schon beeindruckend, wie groß die Fälle sind, oder eher wie breit. Das ganze aus der Luft zu sehen stelle ich mir sehr interessant vor, da kann ich Evas Neid schon verstehen ;).
Die Begegnung mit Barbara und Anhang war wohl ein Erlebnis der besonderen Art, geheuer wäre mir das auch nicht gewesen. Barbara klingt recht Deutsch, oder irre ich mich da?
Ja, die Victoriafälle waren ein ganz besonderes Erlebnis, insbesondere aus der Luft. Und die Begegnung mit Barbara und dem Rest der Bande auch, wenngleich auf eine andere Art! 😉 Und der Name? Nach meiner Erfahrung sind die Afrikaner sehr flexibel, was das betrifft. Typisch europäische Namen oder welche aus der Bibel, das gibt es alles. Und typisch afrikanische natürlich auch … aber eines war die gute Barbara ganz sicher nicht. Nämlich Deutsch. Genau so wenig, wie ihre Hände Frauenhände waren … 😀