Spanien

Ronda, andalusische Schönheit am Abgrund

Ron­da ist eines der belieb­ten wei­ßen Dör­fer Anda­lu­si­ens und hat schon etli­che Berühmt­hei­ten in sei­nen Bann gezo­gen. Heming­way etwa wur­de von Ron­da inspi­riert, er war häu­fig hier. 

In sei­nem Roman “Wem die Stun­de schlägt“ erzählt Heming­way vom Spa­ni­schen Bür­ger­krieg, Faschis­ten wer­den dar­in von ihren repu­bli­ka­ni­schen Geg­nern in eine Schlucht gestürzt. Schau­platz des grau­sa­men Trei­bens: Ron­da, die Stadt am Abgrund. “Papa” hat wah­re Bege­ben­hei­ten auf­ge­grif­fen. Tat­säch­lich wur­den die Faschis­ten, von denen Heming­way schreibt, wohl zunächst auf der Pla­za de Espa­ña erschos­sen und dann erst in die 100 m tie­fe Schlucht gewor­fen. Aber was macht das schon für einen Unter­schied? Ron­da liegt in 720 m Höhe über El Tajo, der Schlucht mit der grau­si­gen Ver­gan­gen­heit. Eini­ge Häu­ser ste­hen direkt am Rand, bei­na­he jeden Zen­ti­me­ter scheint man aus­ge­nutzt zu haben, ein Leben am Abgrund. Wie hält das bloß alles? Drei Brü­cken ver­bin­den den alten Teil, La Ciu­dad, mit El Mer­ca­dil­lo, der Neu­stadt von Ron­da. Die bekann­tes­te: Puen­te Nue­vo, das Wahr­zei­chen und sicher auch das meist­fo­to­gra­fier­te Objekt.

Ronda, Santuario de María Auxiliadora
San­tua­rio de María Auxiliadora

Auf der Pla­za de Espa­ña geht es inzwi­schen fried­lich zu. Nichts erin­nert mehr an die bru­ta­len Ereig­nis­se am Abgrund von Ron­da. Das Hotel aus der Ket­te Para­do­res de Turis­mo de Espa­ña bestimmt das Bild, unmit­tel­bar dane­ben befin­den sich McDonald’s und eine Eis­die­le. Der Unter­schied zwi­schen bei­den? Die Eis­die­le habe ich auf­ge­sucht, mehr­mals sogar.

Dichter und Banditen in Ronda

Und noch viel mehr Geschich­ten weiß Ron­da zu erzäh­len. Von den Mau­ren etwa, die auch Ron­da damals ihrem isla­mi­schen Reich ein­ver­leibt haben. Oder von den Ban­di­ten, die in den umlie­gen­den Ber­gen haus­ten, und deret­we­gen man die Stadt mit Mau­ern und Tür­men umgab.

Ronda, Blick von der Puente Nuevo
Blick von der Puen­te Nuevo

Heming­way war nicht die ein­zi­ge Berühmt­heit mit einer Vor­lie­be für Ron­da. Rai­ner Maria Ril­ke, der Dich­ter, hat ein gan­zes Jahr hier ver­bracht und der Stadt meh­re­re Gedich­te gewid­met. Der Fil­me­ma­cher Orson Wel­les hat sich in Ron­da sogar begra­ben las­sen. Über die Ver­bin­dung von Wel­les zu Ron­da und zu dem Stier­kämp­fer Anto­nio Ordó­ñez berich­tet ein kur­zer, inter­es­san­ter Spot des Radio­sen­ders hr2-kul­tur (Nach­trag: Inzwi­schen lei­der nicht mehr verfügbar).

“Ron­da, wo ich mich im Moment auf­hal­te, ist eine unver­gleich­li­che Gegend. Ein Rie­se aus Fels, der auf sei­nen Schul­tern eine klei­ne wei­ße Stadt trägt …” (Rai­ner Maria Rilke)

Landschaft außerhalb von Ronda
Außer­halb der Stadt

Ist Stierkampf sexy?

Madon­na hat in Ron­da 1994 ein Video gedreht. Schuld ist wohl der Stier­kampf, der zu der Stadt gehört wie die Brü­cke Puen­te Nue­vo. Die Pla­za de Toros de Ron­da gilt näm­lich als ältes­te Stier­kampf­are­na Spa­ni­ens und ist eng ver­bun­den mit dem Namen Pedro Rome­ro. Mehr als 5.000 Tie­re hat Rome­ro getö­tet, heißt es. Wie Ordó­ñez, der Orson Wel­les-Freund, ent­stammt auch Rome­ro einer Dynas­tie von Tore­ros. Zurück zum Video: am Ende des Strei­fens räkelt sich die Künst­le­rin im Bett und ein Stier­kämp­fer wird ein­ge­blen­det, offen­bar ihr Held, der Ange­be­te­te, nach dem sie sich ver­zehrt. Es scheint, als sei dem Tore­ro der unglei­che Kampf mit dem Stier wich­ti­ger als die ver­füh­re­ri­sche Frau. Ist Stier­kampf etwa sexy?

Ronda, eine Hauptstraße in der Altstadt, La Ciudad
In den Stra­ßen der Alt­stadt La Ciudad

Was kann man in Ronda machen?

„Und was kann man hier so machen?“, bekannt­lich macht der Ton die Musik, son­der­lich erwar­tungs­voll klingt die Fra­ge nicht. Das Paar aus Dort­mund ist gera­de ange­kom­men und die bei­den haben mich vor der Bode­ga de San Fran­cis­co ange­spro­chen. Ich bin mit Essen fer­tig, es stört mich nicht, dass es heu­te kühl ist und bewölkt. Sogar ein paar Trop­fen fal­len vom Him­mel. Für mich ist es der letz­te Tag in Ron­da und ich könn­te gut noch bleiben.

Iglesia Santa María la Mayor
Igle­sia San­ta María la Mayor

Ich deu­te auf die Puer­ta de la Almo­ca­bar, das Tor zur Alt­stadt. Erzäh­le von Spa­zier­gän­gen, die man durch die­sen Teil der Stadt machen kann. Von Muse­en, die fast unmit­tel­bar an der Stre­cke lie­gen. Vom Wahr­zei­chen der Stadt, der Brü­cke, auf die man zusteu­ert, bevor man El Mer­ca­dil­lo erreicht. Und auch von der Stier­kampf­are­na. Die Pla­za de Toros ist anschlie­ßend kaum zu verfehlen.

“Besu­chen Sie Ron­da, wenn Sie wie­der mal nach Spa­ni­en kom­men soll­ten. Für eine Hoch­zeits­rei­se oder mit Ihrer Freun­din. Die gan­ze Stadt und ihre Umge­bung sind wie ein roman­ti­sches Büh­nen­bild.” (Ernest Hemingway)

Der­art roman­ti­sche Emp­fin­dun­gen wird die Fra­ge­stel­le­rin mit ihrem Beglei­ter an die­sem Tag eher nicht haben. Einen Tages­aus­flug haben die bei­den hier­her gemacht, Ron­da soll sich von sei­ner bes­ten Sei­te zei­gen, das wird die Erwar­tung sein. Wer denkt da schon an Wol­ken und Regen­trop­fen? Wir sind schließ­lich in Anda­lu­si­en, in Ron­da aller­dings auch in 720 m Höhe. Die Stadt liegt am Rand des Par­que Natu­ral Sier­ra de Graz­ale­ma, in der Ser­ranía de Ron­da, einer Berglandschaft.

Blick auf die Altstadt, La Ciudad
Blick auf die Alt­stadt La Ciudad

Andalusien kann auch wolkig

Die Cos­ta de Sol ist zwar nicht weit, gera­de ein­mal 50 km ent­fernt, bestimmt wird das Kli­ma in Ron­da jedoch von sei­ner Lage im ber­gi­gen Hin­ter­land. Den­noch, kei­ne Sor­ge, ist für genü­gend Son­nen­stun­den gesorgt. Und gera­de den Mix zwi­schen Son­ne und Wol­ken hat­te ich in den letz­ten Tagen schät­zen gelernt. Er hat­te den Ort teil­wei­se in wun­der­schö­ne Far­ben getaucht. An die­sem Tag aller­dings, als mich die bei­den Dort­mun­der befra­gen, ist es ziem­lich grau.

Wolken über Ronda
Wol­ken über Ronda

Wol­kig war es auch am Ankunfts­tag gewe­sen. Ich war durch El Mer­ca­dil­lo gelau­fen und selbst auch noch ein wenig skep­tisch. Nach­dem ich aber im Hos­tal Ron­da Sol ein ein­fa­ches, gemüt­li­ches Zim­mer bezo­gen habe, ändert sich die Stim­mung. Erst recht, als ich anschlie­ßend im Restau­rante El Patio lan­de, in der Fuß­gän­ger­zo­ne von Ron­da. Kaum dass ich „una caña, por favor“ aus­ge­spre­che, steht das frisch gezapf­te Cruz­cam­po bereits vor mir auf dem Tre­sen. Eini­ge Tapas, ein­fach und boden­stän­dig, fol­gen. Da fällt das Ankom­men auf ein­mal doch leicht.

Ronda, Impressionen aus dem Barrio San Francisco
Impres­sio­nen aus dem Bar­rio San Francisco

Kulinarische Erlebnisse in Ronda

Auch der ers­te Abend steht unter kuli­na­ri­schen Vor­zei­chen. La Ciu­dad, die Alt­stadt, hat­te ich mir inzwi­schen erschlos­sen. Und war im Bar­rio San Fran­cis­co gelan­det, wo ich mich für die Casa Maria ent­schei­de. Post­kar­ten aus aller Welt zie­ren die Wand. Man emp­fiehlt mir „von allem ein biss­chen“ (“un poco de todos“). Nach der Vor­spei­se, Weiß­brot, bruschet­ta­ähn­lich bestri­chen, gibt es Rin­der­fi­lets mit Kar­tof­feln. Zu wenig Kar­tof­feln, zu viel Fleisch, ich schaf­fe nicht alles. Spä­ter schaue ich bei Tri­p­ad­vi­sor nach, begeis­ter­te Post­kar­ten­schrei­ber aus aller Welt haben das Restau­rant in die Pole Posi­ti­on der Restau­rant­emp­feh­lun­gen für Ron­da gehievt. Auch wenn es nicht schlecht war, ich hät­te vor­her schau­en sol­len, Tri­p­ad­vi­sor taugt nicht als Rat­ge­ber für authen­ti­sche Emp­feh­lun­gen nach mei­nem Geschmack.

Puente Nuevo
Puen­te Nue­vo, das Wahr­zei­chen von Ronda

Streifzüge durch die Umgebung

An den Fol­ge­ta­gen unter­neh­me ich aus­führ­li­che Exkur­sio­nen in die Umge­bung. Zunächst bege­be ich mich, von El Mer­ca­dil­lo kom­mend, hin­ter der Puen­te Nue­vo nach unten, von wo ein Post­kar­ten­mo­tiv winkt, der wun­der­ba­re Blick hoch auf die Stadt und die Brü­cke. Auch zum Wan­der­weg Gran Sen­da de la Ser­ranía de Ron­da geht es dort.

Begegnung in der Umgebung von Ronda
Begeg­nung in der Umge­bung von Ron­da (1)

Auf der ande­ren Sei­te, Rich­tung Osten, pas­sie­re ich zunächst die Baños Ára­bes, gut erhal­te­ne Res­te einer ara­bi­schen Bade­an­la­ge aus dem 13./14. Jahr­hun­dert, anschlie­ßend ent­fer­ne ich mich all­mäh­lich von der Stadt und tau­che in die umlie­gen­de Natur ein.

Ronda. Pferd in der Natur, Begegnung in der Umgebung
Begeg­nung in der Umge­bung von Ron­da (2)

Tapasverkostung in Ronda

Ein Besuch bei De Locos Tapas ist übri­gens etwas für “Gour­met­akro­ba­ten”. Der Chef des Hau­ses zau­bert fei­ne Tapas mit inter­na­tio­na­len Ein­flüs­sen. Infu­si­ons­kü­che nennt man das wohl im moder­nen Sprach­ge­brauch. Ich kann mich nicht ent­schei­den, über­las­se dem Chef die Aus­wahl. Es ist die rich­ti­ge Entscheidung.

Ronda. "Gourmetakrobatik" im Restaurant "De Locos Tapas"
“Gour­met­akro­ba­tik” im De Locos Tapas

Mein Lieb­lings­re­stau­rant ist aller­dings die Bode­ga de San Fran­cis­co im gleich­na­mi­gen Vier­tel, vor den Toren der Alt­stadt. Dort zieht es mich immer wie­der hin. Ein­hei­mi­sche mischen sich hier unter Tou­ris­ten, oder umge­kehrt, immer ein gutes Zei­chen. Und vor der Bode­ga haben mich ja dann auch die bei­den Tages­aus­flüg­ler aus Dort­mund aufgegabelt.

Ronda. Leckereien in der Bodega de San Francisco
Lecke­rei­en in der Bode­ga de San Francisco

Ein Tipp für Selbst­ver­sor­ger ist der Ein­kauf in der Casa del Jamón in El Mer­ca­dil­lo. Es lohnt sich immer, hier her­ein­zu­schau­en, das Geschäft bie­tet eine unfass­ba­re Aus­wahl an Schin­ken­spe­zia­li­tä­ten. Dazu gibts Käse und Wein, was will man mehr? Man spricht hier zwar aus­schließ­lich Spa­nisch, vom Ein­kauf soll­te das jedoch nie­man­den abhal­ten. Sehr lecker war es, ich habe mich dort für eine abend­li­che Mahl­zeit eingedeckt.

Ronda. Riesige Auswahl an Schinken in der La Casa del Jamón
Rie­si­ge Aus­wahl in der Casa del Jamón

Nach fünf Tagen geht es wei­ter. Statt der direk­ten Bus­ver­bin­dung nach Cádiz wäh­le ich zunächst den Zug nach Alge­ci­ras. Die Rou­te gilt näm­lich als eine der schöns­ten Bahn­stre­cken Spa­ni­ens, das las­se ich mir nicht entgehen.

Abendstimmung
Abend­stim­mung

Streit mit “Papa” Hemingway

Gestrit­ten hät­te ich mich mög­li­cher­wei­se mit Heming­way. Sei­ne Begeis­te­rung für den Stier­kampf wäre der Grund gewe­sen, denn mich kann man damit nicht locken. Getrof­fen hät­te ich den Aben­teu­rer den­noch gern, aller­dings war ich dafür 55 Jah­re zu spät in Ron­da. Noch sei­nen letz­ten Geburts­tag hat „Papa“ hier ver­bracht, 1960 war es, dann hat er sich daheim in Ida­ho erschos­sen. Ron­da, die Schön­heit am Abgrund, war ganz sicher nicht schuld daran.

Kulinarische Tipps für Ronda

Hoteltipp für Ronda

Ein­fach, gemüt­lich und preiswert:

  • Hos­tal Ron­da Sol, Cal­le Almen­dra, 11 (Web­site)

Autor, Reisereporter und Reiseblogger. Nachdem man ihn dazu gebracht hat, seine vorherige berufliche Karriere zu beenden (um das böse Wort Mobbing zu vermeiden), treibt ihn die Neugier hinaus in die Welt und er erzählt Geschichten von unterwegs.

2 Kommentare zu “Ronda, andalusische Schönheit am Abgrund

  1. Manuela A. & Gerhard F. aus HH

    Wir, Manue­la mei­ne Frau und ich Ger­hard waren 2015 in Anda­lu­si­en und haben dort reich­lich Tou­ren unter­nom­men – auch nach Ron­da und waren recht abge­tan von der Stadt und ihrer Umge­bung. So ganz allei­ne waren wir nicht dort, vie­le vie­le Tou­ris stie­fel­ten durch die Stadt – geges­sen haben wir direkt an der Schlucht und hat­ten einen schö­nen Aus­blick auf das Umland. Natür­lich sind wir im Pla­za de Toro gewe­sen in dem sich eine gro­ße Aus­ste­lung über den Stier­kampd befin­det mit vie­len auf­re­gen­den Expo­na­ten. Hin­ter dem Pla­za befin­det sich eine Pro­me­na­de von wo aus man weit ins Land schau­en kann.
    Zum Abschluss haben wir dann die Umge­bung zum Teil erfah­ren und erlau­fen, denn den Ort von wei­ten zu sehen ist sehen­wert mit sei­ner gewal­ti­gen Schlucht – danach ging es wie­der zurück zum Hotel am Meer.

    Die­se Sei­te habe ich durch Zufall gefun­den und natür­lich ger­ne durch­stö­bert und wün­schen wei­ter­hin eine gute Zeit mit vie­len Ein­drü­cken auf den Reisen.

    Manu&Gerhard

    • Wolfgang

      Herz­li­chen Dank für das Feed­back und Grü­ße aus Kuba nach Hamburg … 😉

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